Anselm Kiefer als illustrator
Terwijl ik zelf al wekenlang helemaal ‘in Kiefer ben’, kwam de buurvrouw, die ook ‘in Kiefer’ blijkt te zijn, aanzetten met deze onwaarschijnlijk mooie Duitse dichtbundel – met tussen de ballades en verzen door meesterlijke aquarellen, die gewoon van de pagina’s afspatten.
Dit juweeltje scannen durf ik niet (behalve de kaft), dus raapte ik alles bij elkaar wat ik online kon vinden en maakte foto’s uit de hand. Mét de nodige commentaren en aanbevelingen:

Von Vogelhochzeiten und Kühltruhen 9
Odysseus 13
Der Einzige 27
Trost des Steinschleifers 45
Nachrichten aus der Höhe 63
jägerin im Sonnenbad 91
Ballade vom wehrhaften Experten 99
Am Rand 104
Tornado 123
Cinggis Qaan oder Das Blau des Himmels 130
Ruhestätte, unauffindbar 151
Unter einem Zuckerhimmel 156
Ballade von der glücklichen Rückkehr 173
Spiegelungen 197
Heimkehr von den Irrfahrten
Ein großformatiger, opulent ausgestatteter Band im Werk von Christoph Ransmayr: Balladen und Gedichte, illustriert von Anselm Kiefer
»In den ersten jener abenteuerlichen, von Rätseln erfüllten Jahre, die manchmal schwärmerisch Kindheit genannt werden, habe ich Erzählungen vor allem als Gesänge gehört.«
Die ersten Geschichten im Leben Christoph Ransmayrs waren die Gesänge eines häuslichen Frauenchors, in dem seine Mutter und mit ihr eine Magd alles, was einem Kind erzählt werden sollte, sangen. Diesem Beispiel folgend erzählt Christoph Ransmayr nun in Balladen und Gedichten von abenteuerlichen Reisen nicht nur ins Hochgebirge, in das Blau des Himmels oder an den Meereshorizont, sondern durch die Zeit.
Anselm Kiefer hat Ransmayrs Balladen und Gedichte mit Serien von Aquarellen begleitet, die er ausschließlich für diesen Band geschaffen hat. Die vorliegende opulent ausgestattete Sammlung verschränkt die Sprache Christoph Ransmayrs mit der Kunst Anselm Kiefers. »Unter einem Zuckerhimmel« erscheint als der zwölfte Band, als Sonderband, in Christoph Ransmayrs Reihe »Spielformen des Erzählens«.
Odysseus
Also gut,
sagt ein erschöpfter Arzt
unter Vorbehalten
(dieser endlose Nachtdienst!):
Also gut, kehren Sie heim.
Und so warte ich,
der Städteverwüster, der Listenreiche
im Morgenrot
auf die letzte Prüfung meines Blutes,
auf meine Entlassungspapiere, meinen Paß
und höre schon die Brandung,
sehe schon das Meer
und auf seinem Spiegel
ein gleißendes Gespinst möglicher Routen,
ein Knäuel von Routen der Heimkehr,
die am Ende vielleicht
alle zurückfuhren
in die Ruinen von Troja.
Vorsicht! Noch glotzt mich
Polyphems Auge an,
eine wachsame Kamera,
aber die Mastspitzen
meines auf Reede schaukelnden Schiffs
kritzeln bereits Vorschläge
zum Gewinn der offenen See
an den Himmel.







Der Einzige

Nachtrichten aus der Höhe

Cinggis Qaan oder Das Blau des Himmels

Wir spielen unter einem Zuckerhimmel
Wir spielen
unter einem Zuckerhimmel
Krieg,
nennen flackernde
Strohfeuer
Ewigkeit
und jede Katastrophe
einen Sieg.
Was immer auf uns niederfährt:
Wir nehmen es gelassen,
heiter
und spielen
und spielen weiter
unter einem Zuckerhimmel Krieg.

Unter einem Zuckerhimmel
Christoph Ransmayr und Anselm Kiefer schufen ein Buch, das überdauern wird
Publiziert am 2. Januar 2023 von Frank Dietschreit
Odysseus ist müde und ausgelaugt, viel zu lange war er unterwegs, hat unzählige blutige Schlachten geschlagen, sich auf der Suche nach der verlorenen Heimat heillos verzettelt und ist durch das Labyrinth der Menschheitsgeschichte geirrt. Die sich um ihn und seine endlose Reise rankenden Mythen und Märchen sind ihm nur noch schnuppe und können seine Sehnsucht nicht mehr stillen.
Ausgezehrt liegt der listenreiche Städteverwüster in irgendeinem Krankenhaus, lässt seine Blutwerte noch einmal checken, wartet auf seine Entlassungspapiere und seinen Pass, sieht bereits das Meer wieder vor sich „und auf seinem Spiegel / ein gleißendes Gespinst möglicher Routen, / ein Knäuel von Routen der Heimkehr, / die am Ende vielleicht / alle zurückführen / in die Ruinen von Troja.“
Mit einem durch Zeit und Raum, Realität und Utopie irrlichternden „Odysseus“ eröffnet Christoph Ransmayr seinen neuen Band mit Gedichten und Balladen, in dem Schönheit und Schrecken, Poesie und Politik, Dichtung und Malerei sich vermählen und zu einem göttlichen Kunstwerk vereinen. „Unter einem Zuckerhimmel“ lautet der fast idyllische Titel dieses schillernden Crossover-Projekts, zu dem der renommierte Künstler Anselm Kiefer zahllose Aquarelle beigesteuert hat.
Mit Tusche, Bleistift und Kohle hat Kiefer, dessen Werk schon oft um blutige Abgründe, verdrängte Kriege und vergessene Mythen kreiste, seine Farb-Fantasien den poetischen Visionen gegenübergestellt. Was Kiefer auf Gips und Karton getupft und gespritzt hat, bebildert und kommentiert nicht die Balladen und Gedichte, sondern spricht eine eigene künstlerische Sprache, lässt mal eisig blaue, mal blutig rote Farbe auf einen Malgrund tropfen, zieht schwarze Linien und kindlich gekritzelte Buchstaben durch die erdig und steinig wirkende Landschaft.
Christoph Ransmayr lebte Jahrzehnte aus dem Koffer, machte das Unterwegs-Sein zur Lebens-Philosophie, war stets auf der Suche nach einem überraschenden Gedanken und schönen Gedicht, durchquerte Wüsten, stieg auf hohe Berge und reiste zum Nordpol, war immer ein Reisender und Suchender, der „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“ und „Die letzte Welt“ besang, „Eine kurze Geschichte vom Töten“ und den „Atlas eines ängstlichen Mannes“ beschwor.
Jetzt scheint Ransmayr zur Ruhe gekommen und lebt wieder in Wien. Doch umso dringlicher erinnert er an den ruhelos durch die Geschichte irrenden „Odysseus“, sendet uns „Nachrichten aus der Höhe“ und erzählt vom „Trost des Steinschleifers“, der sich oft stundenlang verliert in den Tiefen kristalliner Strukturen und in ihnen „ein geheimnisvolles, laut- und zeitloses Bild der Welt“ sieht, „das ihn alle Sensationen und Schrecken / der Geschichte des organischen Lebens / vergessen lässt / und ihm verspricht: / Etwas von dieser Arbeit / wird überdauern. / Nicht für immer, aber länger, / viel länger als alles, / was welken, faulen / und schmerzen kann.“
Der Dichter als Steinschleifer: Auch die Balladen und Gedichte des heimatlos durch Gedankenwelten reisenden Poeten werden überdauern, noch lange weiter leben und uns den Weg dahin zeigen, wohin wir doch alle immer wieder zurück kehren wollen: nach Hause. In der „Ballade von der glücklichen Rückkehr“ ist der ziellos um den Globus reisende Dichter das Unterwegssein leid:
„Genug! Genug. Eines Tages ist es genug. // So weit sind wir gegangen, / so hoch sind wir hinaufgestiegen, immer höher, / bis uns der nächste Schritt ins Blaue geführt hätte, / in die Wolken, nur noch ins Leere“. Erduldet hat er „Orkan. Hunger. Wunden. / Höhenwahn. Fieber. Angst. / Die Erschöpfung oder das Heimweh.“
Doch jetzt reicht es: „Eines Tages kehren wir unseren Träumen / den Rücken / und machen uns auf den Weg in die Tiefe, / zurück zu den Menschen“, wollen nur noch „nichts wie weg. / Wir wollen nach Hause!“ Doch das Zuhause muss kein Ort, kann auch eine Erinnerung sein: an die „Buchstabensuppe, deren Lettern auf dem Tellerrand von meiner Mutter zu Zeilen angeordnet wurden“, den Gedanken, dass „Verse und gesungene Strophen die vollendete Form einer Geschichte“ sein und Balladen den Krieg besingen, aber nicht bannen können:
„Wir spielen / unter einem Zuckerhimmel / Krieg, // nennen flackernde / Strohfeuer / Ewigkeit // und jede Katastrophe / einen Sieg. // Was immer auf uns niederfährt: / Wir nehmen es gelassen, / heiter // und spielen / und spielen weiter / unter einem Zuckerhimmel Krieg.“
Dass Autor und Maler sich lange schon kennen und schätzen, Ransmayr dem Freund ein literarisches Denkmal setzte („Der Ungeborene oder Die Himmelsareale des Anselm Kiefer“), der sich jetzt sich mit zeitlos-schönen Bildern revanchierte, darf man getrost einen Glücksfall nennen. Ein Prachtband zum Verweilen und Träumen, ein Buch, das man immer wieder neu lesen und anders betrachten kann. Ein Buch, das überdauern wird.
Christoph Ransmayr: „Unter einem Zuckerhimmel. Balladen und Gedichte“, illustriert von Anselm Kiefer. S. Fischer Verlag, 208 S., 58 Euro.
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Infos:
Christoph Ransmayr, geboren 1954, lebt nach Jahren in Irland und auf Reisen wieder in Wien. Für seine Romane „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“, „Die Letzte Welt“, „Morbus Kitahara“, „Der fliegende Berg“, „Cox oder Der Lauf der Zeit“, „Der Fallmeister. Eine kurze Geschichte vom Töten“ und „Atlas eines ängstlichen Mannes“ erhielt der Autor zahlreiche, auch internationale Auszeichnungen. „Unter einem Zuckerhimmel“ ist der zwölfte Band seiner Buch-Reihe „Spielformen des Erzählens“. (FD)
Anselm Kiefer, geboren 1945, zählt zu den bedeutendsten und innovativsten Künstlern der Gegenwart. Mit Malerei, Bildhauerei, Fotografie, Film und Installation versucht er immer wieder, sich der jüngeren deutschen Geschichte zu stellen, das „Nichtdarstellbare“ zu erfassen und Motive und Themen aus Philosophie und Literatur, Wissenschaft und Religion in Bilder zu verwandeln. 2008 erhielt er (als erster bildender Künstler) den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
| ANSELM KIEFER-ZEVENLUIK OP SHAKINGLIFE |
| 1. Sag mir wo die Blumen sind |
| 2. De strooien offers van Kiefer |
| 3. De zinsbegoocheling van Kiefer |
| Bijlage: Anselm Kiefer, ‘Waldsteig’ |
| 4. Unter einem Zuckerhimmel |
| 5. Het bos en de rivier |
| 6. The Painting of History |
| 7. The Language of Material |
| Bijlage: Anselm Kiefer: The Terror of History, the Temptation of Myth |
